Eleonora Di Erasmo
ANKE ARMANDI ALIAS RENADDE


Eine diagonale Filmeinstellung. Eine Stimme aus dem angrenzenden Zimmer durchbricht die Stille. Sie hat einen starken fränkischen Akzent. Plötzlich sehen wir sie, wie sie auf der Schwelle den Gruß eines Mannes erwidert. Lockige Haare, die seitlich mit einer roten Blume gebunden sind. Ein unbarmherziges Licht beleuchtet sie von der Seite; es zeichnet ein hartes Helldunkel auf ihrem Gesicht und betont dabei die stark geschminkten Konturen ihrer Augen und Lippen. Für einen Moment hat man den Eindruck, sich vor Marcella (1910) wiederzufinden, dem Porträt einer jungen Prostituierten von Ernst Ludwig Kirchner. Diese Frau heißt Renadde. Sie ist eine Prostituierte, ursprünglich aus Franken, eine Figur von Regisseur Ludwig Wüst aus seinem aktuellen Film KOMA (2009). Dargestellt wird sie von der bildenden Künstlerin Anke Armandi, in ihrer ersten Kinorolle. Nach der Auffassung von Wüst ist Renadde eine Art Alter Ego von ihm, und daher eine immer wiederkehrende Persönlichkeit in seinen Filmen und seiner kontinuierlichen Entwicklung. So wie die Frau in KOMA in Prostituertenwäsche gezeigt wird, wird Renadde im Alternative Ending in seinem letzten Film TAPE END, auf ironische Weise als Putzfrau gezeichnet, die den Staubsauger schwingt, während sie dazu ein italienischen Popsong singt und mit ihrer Freundin am Telefon über ihre große Liebe Stefano spricht. Uns gefällt der Gedanke, dass eine Figur ein autonomes Leben unabhängig vom Erfinder entwickelt, die über die Grenzen dieser Idee hinausgeht. Anke Armandi hat Renadde diese Möglichkeit geschaffen: das schauspielerische Abenteuer wird für die Künstlerin nicht getrennt von ihrem künstlerischem Schaffen gesehen, sondern als Kontinuum erlebt, als wäre die Interpretation der Figur der Renadde eines der vielfältigen Gesichter ihres Künstlerseins. So entstand ihr letztes Projekt, das sich der Zeichnung der Gedanken, der Hoffnungen, der Träume und Widersprüche von Renadde widmet, eine romantische Frau, die es liebt, in ihrer Freizeit zu malen und Kitschobjekte zu sammeln, mit denen sie ihr Zimmer tapeziert. Anke Armandi erfasst sie in ihrem Alltagsleben, so wie auch Wüst sagt „während sie sich in ihrem Zuhause erholt“, entfernt vom ihrem Schöpfer und ihrem Dasein als Kinorolle. Beginnen wir, ihre Bekanntschaft über das Web zu machen. Anke Armandi hat innerhalb ihrer Webseite eine Seite eingebunden, die nur Renadde gewidmet ist, eine Art vielfarbiger Blog, in dem Renadde über sich selbst spricht, Beratungen in Liebesangelegenheiten anbietet, Fotos aus ihrer Kitschsammlung zeigt, uns an ihrem Tagebuch teilhaben lässt, ein Künstlerbuch mit bunten Zeichnungen und Zeitungsausschnitten, sie zeigt uns eine Szene, in der sie die Rolle der Renate im Film KOMA spielt. Die Künstlerin suggeriert uns auf diese Weise Einzelheiten, die langsam ein erstes Bild von Renadde und ihrem Leben entstehen lassen. Für einen Moment fragen wir uns, ob Renate nicht wirklich existiert. Heutzutage wird die Grenze zwischen Realem und Virtuellen zusehends durchlässiger. Jeder hat mittlerweile Zugang zum Web, augenblicklich kann man mit dem Rest der Welt in Kommunikation treten, sich eine neue Identität zulegen, ein second-life „leben“, sodass man sogar ab und zu Realität und Fiktion durcheinander bringt. Die Fiktion wird plötzlich realer als die Realität. Gleichzeitig ist die Welt des Web soweit gegangen, auf verschiedene Weise unsere Existenz zu bescheinigen, unser Dasein in der Welt. Unter dem Kapitel „Renadde rät“ werden die Besucher auf einen Link des Social network Facebook verwiesen, bei dem auch Renadde als Renadde Rät eine Seite hat. Drüber können wir Freundschaftsanfragen an sie senden, wir können sogar mit ihr chatten oder ihr eine Nachricht an die Pinnwand posten. Ein künstlerisches Projekt, das sich auch innerhalb eines Social networks entwickelt, und plötzlich wird Renadde eine von uns, eine Figur aus Fleisch und Blut, die unsere Gedanken teilt, unsere Gefühle, unsere gleichen Träume und Widersprüche. Der karthesische Lehrsatz „Cogito ergo sum“ genügt nicht mehr, um Gewissheit unserer eigenen Existenz zu bekommen - es ist notwendig, im Web präsent zu sein, um vor dem Rest der Welt zu existieren. Wo uns das Web Indizien über das Privatleben der Renadde liefert, bieten uns das Kino und die Fotografie ein Bild derselben Frau in ihrer Rolle als Prostituierte. Seit der Entstehung der Fotografie ist der Traum des Menschen möglich geworden, eine visuelle Spur der eigenen Existenz zu hinterlassen, und in diesem Sinne scheinen die Porträtfotografien von Renadde, die im Backstage des Films von Ludwig Wüst von der Künstlerin Casaluce/Geiger aufgenommen wurden, eine weitere Zeugschaft für ihre Existenz abzulegen. Das Projekt von Anke Armandi ist ein „work in progress“, das sich ständig weiterentwickelt. Wie ein Regisseur, der in Vorbereitung auf seinen Film Bühnenbilder zeichnet, realisiert die Künstlerin eine Reihe von Aquarellen, in denen jener Raum abgebildet wird, in dem Renadde in verschiedenen Situationen lebt. Auch in diesem Fall verschwindet die menschliche Präsenz. In dem vorhergehenden Projekt „Porträt: Atelier“ hat Anke eine Serie von Aquarellen realisiert, die die Ateliers von acht Künstlern, die in Wien leben und arbeiten, porträtiert. Es sind jedoch nur die Objekte, die ihnen gehören, und die Atmosphäre, die von jedem gemalten Ort ausgehen, die uns von der portraitierten Peron erzählen. So ist auch Renadde nur sehr selten präsent. Im größten Teil der Arbeiten ist es jedes einzelne Kitschobjekt, mit dem sie sich zu umgeben liebt, das von ihr spricht. In jedem dargestellten Detail versteckt sich ein Aspekt ihrer Persönlichkeit. So sehr diese letzten malerischen Arbeiten als abgeschlossene und mit einem eigenen Leben ausgestattete Werke angesehen werden können, sind sie doch auch vorbereitende Ideen für eine weitere Entwicklung im Rahmen des Werkes von Anke Armandi. Die Porträts der Zimmer der Renadde, wie sie von Anke Armandi gemalt sind, sind in Wirklichkeit Studien für eine Reihe von Installationen, die im Laufe des Projekts von Besuchern besucht und besichtigt werden können. Das erste Experiment einer solchen dreidimensionalen Umsetzung wurde von der Künstlerin zu Weihnachten in ihrem Atelier in Wien präsentiert, bei dieser Gelegenheit wurden auch die Fotos von Renadde von Casaluce/Geiger gezeigt. Die Installation mit dem Titel „Christmas mit Renadde“ hat es den Besuchern zum ersten Mal ermöglicht, in die Welt der Renadde einzutreten, in ihr festlich dekoriertes Zimmer, in dem unterschiedlichste Objekten verstreut waren. Wie in den Porträts ist auch Renadde in den Installationen nie körperlich präsent. Man könnte die „Zimmer der Renadde“ wie eine Serie von Performances denken, in der die eigentlichen Performer die Objekte sind. Jedes einzelne erzählt eine eigene Geschichte. Wir lesen die Spuren der wiederkehrenden Präsenz der Frau in einem nicht an seinem Platz liegenden Objekts, einer brennen gelassenen Kerze, einem Aquarell oder einem Gedanken, der an die Wand gehängt wurde. Der Status des Voyeur-Betrachters wird überwunden. Hat man die Schwelle des Zimmers übertreten, fühlt man sich wohl, beinahe als wäre man eingeladen worden, man kann sich auf den Sessel setzen, um etwas trinken oder innehalten für ein Schwätzchen. Und erneut wird Renadde realer und uns näher als wir glauben. In was für ein Zimmer wird sie uns wohl das nächste Mal einladen?



Eleonora Di Erasmo
ANKE ARMANDI ALIAS RENADDE


Inquadratura diagonale. Una voce di donna dalla stanza adiacente rompe il silenzio. Parla con un forte accento francone. Improvvisamente la vediamo apparire sulla soglia richiamata dal saluto di un uomo. Capelli ricci raccolti su di un lato da un fiore di colore rosso. Una luce che ha ormai perso ogni pietà la illumina obliquamente, il chiaroscuro sul suo viso si fa tagliente arrivando ad enfatizzarne i contorni pesantemente truccati di occhi e labbra. Per un istante abbiamo l’impressione di trovarci di fronte a Marcella (1910), un ritratto di giovane prostituta di Ernst Ludwig Kirchner. Questa donna si chiama Renadde. Renadde è una prostituta, originaria della Franconia, un personaggio creato dalla mente del regista Ludwig Wüst per il film Koma (2009). Ad interpretarla l’artista visiva Anke Armandi alla sua prima prova da attrice. Come afferma Wüst, Renadde è una sorta di suo alter ego e dunque un personaggio ricorrente nei suoi film ed in continua evoluzione. Così se la donna in Koma ci viene presentata nei panni di una prostituta, nell’ “Alternative Ending” del suo ultimo film sperimentale Tape End, Renadde viene ironicamente dipinta come una donna delle pulizie mentre passa l’aspirapolvere intonando una canzone del cantante Antonello Venditti o mentre parla amabilmente al telefono con un’amica del suo grande amore italiano Stefano. A volte ci piace pensare che un personaggio possa conquistare una vita autonoma dal proprio creatore, oltre i confini di quella idea che lo ha portato alla luce. Anke Armandi ha offerto a Renadde questa possibilità: l’esperienza nella recitazione non si divide dalla sua pratica artistica, ma al contrario viene vissuta con continuità, come se l’interpretazione di questo personaggio fosse uno dei molteplici volti del suo essere artista. Nasce così il suo ultimo progetto dedicato a ritrarre i pensieri, le speranze, i sogni e le contraddizioni di Renadde, una donna romantica che ama dipingere nel tempo libero e collezionare oggetti kitsch di cui tappezza la sua stanza. Anke Armandi la dipinge nella sua vita quotidiana, come dice lo stesso Wüst “mentre si riposa nella sua casa”, lontana dal suo creatore e dalla sua dimensione di personaggio cinematografico. Iniziamo a fare la conoscenza di Renadde attraverso il web. Anke Armandi all’interno del suo web-site ha creato una pagina interamente dedicata alla donna, una sorta di variopinto blog attraverso il quale il personaggio da lei interpretato ci parla di sé, si offre di dispensare consigli in amore, ci mostra alcune foto della sua collezione di oggetti kitsch, ci rende partecipi del suo diario, un libro d’artista fatto di colorati disegni e di ritagli di giornale, ci mostra la scena di cui è protagonista nel film Koma. L’artista ci suggerisce così degli indizi che vanno pian piano a creare una prima immagine di Renadde nella sua vita privata. Per un attimo ci chiediamo se Renadde non esista veramente. Ai nostri giorni il confine tra reale e virtuale si è andato sempre più assottigliando. Ognuno di noi ha ormai la possibilità di accedere al mondo del web, di entrare in comunicazione istantaneamente con il resto del mondo, di crearsi nuove identità, di vivere una seconda vita, tanto da arrivare a volte a confondere realtà e finzione. La finzione diventa improvvisamente più reale del reale. Allo stesso tempo il mondo del web è arrivato ad attestare in differenti modi la nostra esistenza, il nostro essere al mondo. Nella sezione del sito in cui si legge “Renadde Rät” (“Renadde Consiglia”), si rimandano i visitatori ad un link, quello del social network Facebook all’interno del quale anche la nostra Renadde ha la propria pagina. Attraverso di essa possiamo chiederle di diventare amici, potremmo addirittura ritrovarci a chattare con lei o ad inviarle un messaggio in bacheca. Un progetto artistico arriva a svilupparsi anche all’interno di un social network e all’improvviso Renadde diventa una di noi, un personaggio in “carne ed ossa” che condivide i nostri stessi pensieri, le nostre stesse emozioni, i nostri stessi sogni, le nostre stesse contraddizioni. Non è più sufficiente far proprio l’asserto cartesiano Cogito ergo sum per avere la certezza della propria esistenza, ma è necessario essere presenti nel web, per esistere di fronte al resto del mondo. Il progetto di Anke Armandi è un work in progress in continua evoluzione. Come un regista che disegna le scene in preparazione del proprio film, così l’artista sta attualmente realizzando una serie di acquerelli nei quali viene ritratta la stanza in cui vive Renadde in diverse situazioni. Anche in questo caso la presenza umana scompare. In un precedente progetto, Portrait: Atelier (2008), Anke ha realizzato una serie di acquerelli che ritraggono gli studi di otto artisti residenti a Vienna, nei quali tuttavia a parlarci della persona “ritratta” sono esclusivamente gli oggetti che gli appartengono e le atmosfere che si sprigionano da ciascun luogo dipinto. Così Renadde è presente soltanto rarissime volte. Nella maggior parte dei lavori a parlarci di lei è ogni singolo oggetto kitsch di cui ama circondarsi. In ogni dettaglio ritratto si nasconde un aspetto della sua personalità. Per quanto questi ultimi lavori pittorici possano considerarsi opere finite e dotate di una vita autonoma rispetto all’intero progetto, essi sono allo stesso tempo idee preparatorie per un ulteriore sviluppo dell’opera. I ritratti delle “stanze di Renadde”, così come sono stati dipinti da Anke Armandi, sono in realtà studi per una serie di installazioni dal titolo Renadde Privat che, di volta in volta nel corso del progetto, potranno essere visitate dallo spettatore. Il primo esperimento di trasposizione tridimensionale è stato presentato dall’artista nel suo studio a Vienna in occasione del Natale, occasione nella quale sono state esposte anche le foto dell’artista Casaluce/Geiger, scattate ad Anke/Renadde nel backstage del film Koma. L’installazione dal titolo Christmas mit Renadde ha permesso ai visitatori di entrare per la prima volta nel mondo di questo personaggio, nella sua stanza decorata a festa e disseminata degli oggetti più svariati. Potremmo pensare alle “stanze di Renadde” come ad una serie di performance, in cui i veri performer diventano gli oggetti. Ognuno di loro racconta una storia. Cogliamo le tracce del passaggio della donna in un oggetto fuori posto, in una candela lasciata accesa, in un acquerello o in un pensiero scritto e appeso alla parete. La dimensione dello spettatore-voyeur viene superata. Oltrepassata la soglia della stanza ci si sente a proprio agio, quasi si fosse stati invitati, ci si può sedere su una poltrona a bere qualcosa o ci si può fermare a chiacchierare. E ancora una volta Renadde diventa più vicina di quanto crediamo. Quale sarà la prossima stanza nella quale ci inviterà Anke alias Renadde?

Eleonora Di Erasmo